Bye Panikstörung
Panikattacken. Wenn du das Wort hörst, denkst du vielleicht an Angst, Herzrasen und diese Momente, in denen du das Gefühl hast, die Kontrolle über deinen Körper zu verlieren. Für mich war es ein langer, intensiver Weg, mit meinen Panikattacken umzugehen. Aber ich habe es geschafft, sie zu überwinden – oder besser gesagt, mit ihnen zu leben, ohne dass sie mein Leben kontrollieren. Hier ist meine Geschichte.
Der plötzliche Beginn: Meine erste Panikattacke
Es begann in meinen frühen 20ern. Ich war Informatikstudent, 21 oder 22 Jahre alt, und lebte in Paderborn. Ich würde sagen, ich war damals noch ein ziemlich introvertierter Typ. Gerade erst umgezogen, lebte ich mit einem Freund zusammen und versuchte, mich auf mein Studium zu konzentrieren. Eines Abends, während wir gemeinsam mit einem anderen Kollegen lernten, passierte es dann zum ersten Mal: Aus dem Nichts fühlte ich mich plötzlich unglaublich komisch. Mein Herz begann zu rasen, ich fühlte mich innerlich unwohl, und ich hatte das Gefühl, dass etwas mit mir nicht stimmte.
Zuerst versuchte ich, es mir zu erklären. Vielleicht zu viel Kaffee? Oder einfach Überforderung? Ich versuchte, mir einzureden, dass es nichts war und legte mich ins Bett. Das Lernen musste warten. Aber als ich am nächsten Tag aufwachte, war das Gefühl immer noch da. Ich hatte eine schreckliche Nacht hinter mir, fühlte mich wie benommen und wusste nicht, was ich tun sollte. Zum Arzt wollte ich nicht, schließlich hatte ich „nichts“, das ich wirklich erklären konnte.
Die erste Panikattacke und das Verständnis durch meine Mutter
Meine erste Anlaufstelle war meine Mutter, die Person, die mir immer aus allen Lagen geholfen hat. Doch ausgerechnet an diesem Tag konnte ich sie nicht erreichen. Ich war unsicher und beunruhigt, also rief ich meine Tante an, die im Krankenhaus arbeitete – gut, sie putzte dort, aber das war mir in dem Moment egal. Ihre Antwort? „Vielleicht ist es dein Blutdruck. Geh und lass kaltes Wasser über deine Beine und Arme laufen.“ Das tat ich, aber es half nicht.
Irgendwann erreichte ich dann endlich meine Mutter, die mir sofort erklärte: „Mensch Junge, du hast eine Panikattacke.“ Das Wort war mir bis dahin völlig unbekannt, aber sie erzählte mir, dass sie selbst sowas schon einmal erlebt hatte. Ihre Worte waren beruhigend: „Es ist nichts Schlimmes.“ Für mich war die Sache damit abgehakt. Ich dachte, jetzt, wo ich wusste, was es war, konnte ich das hinter mir lassen.
Der Umgang mit wiederkehrenden Panikattacken im Studium
Aber so einfach war es nicht. Es dauerte nicht lange, bis ich die nächste Panikattacke bekam. Es war eine Zeit voller Druck und Überforderung im Studium. Die Attacken kamen wieder, und ich hatte sie irgendwie akzeptiert – oberflächlich zumindest. Die Akzeptanz, die ich damals hatte, war aber eher eine Art oberflächliches Hinnehmen, nicht die tiefe Akzeptanz, die ich später lernen musste.
Der Wendepunkt: Die dritte Panikattacke und das Gefühl der Hilflosigkeit
Der richtige Wendepunkt kam etwa ein bis zwei Jahre später. Eine besonders heftige Panikattacke traf mich, und ich konnte mich einfach nicht davon erholen. Ich erinnere mich, wie ich bei meiner Mutter auf dem Sofa lag, mich elend fühlte und sogar eine Banane aß, nur um sie kurz darauf wieder zu erbrechen. Ich war total erschöpft, und nichts schien zu helfen.
In diesem Moment wurde mir klar, dass ich auf mich selbst angewiesen war. Meine Mutter erklärte mir, dass alles psychisch sei, und ich dachte: „Okay, wenn es so ist, bin ich der Einzige, der daran etwas ändern kann.“ Aber ich hatte keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte.
Die belastenden Nächte und der Versuch, sich selbst zu helfen
Es wurde immer schlimmer. Besonders die Nächte waren eine Qual. Ich bin in Boxershorts im Winter rausgegangen, nur um meinen Körper so abzukühlen, dass ich später wieder ins warme Bett konnte und irgendwie einschlief. Oft bin ich mitten in der Nacht mit Panik aufgewacht, und ich wusste einfach nicht, wie ich damit umgehen sollte. Es war eine unglaublich belastende Zeit, in der ich alles ausprobierte, um irgendwie Erleichterung zu finden.
Die Bedeutung von Verständnis und Wissen: Bücher und Selbsthilfegruppen
Schließlich beschloss ich, mich intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen. Ich las Bücher über Panikattacken und fand heraus, dass sie ein Ergebnis des „Fight-or-Flight“-Mechanismus unseres Körpers sind. Mein Körper schüttete Adrenalin aus, als ob ich in Lebensgefahr wäre – nur ohne erkennbaren Grund. Ich recherchierte auch in Selbsthilfegruppen und merkte, wie gut es mir im Vergleich zu anderen ging, weil ich die Fähigkeit hatte, meine Situation zu reflektieren.
Das Wissen half mir, die körperlichen Symptome besser zu verstehen, aber es heilte mich nicht. Es war, als hätte ich die Theorie verstanden, aber in der Praxis blieb die Angst mächtig.
Die Akzeptanz der Panikattacken: Den Teufelskreis durchbrechen
Der wirkliche Durchbruch kam, als ich lernte, die Panikattacken zu akzeptieren. Es klingt paradox, aber anstatt gegen die Angst anzukämpfen, musste ich lernen, sie anzunehmen. Ich hatte Angst zu sterben, und ich musste akzeptieren, dass das – theoretisch – passieren könnte. Diese radikale Akzeptanz nahm mir die Macht, die die Panikattacken über mich hatten. Ich begann zu realisieren, dass die Angst Teil von mir war, aber dass sie mich nicht definieren musste.
Der Umgang mit Panik: Atemtechniken und innere Ruhe finden
Ich begann, Atemtechniken anzuwenden und mich bei einer Panikattacke bewusst zu entspannen. Statt in Panik zu verfallen, setzte ich mich hin, atmete tief durch und akzeptierte, dass die Panik da war. Das half. Die Panikattacke selbst ist nie das Schlimme – es ist die Angst vor der nächsten Attacke, die zur Panikstörung wird. Das war die Einsicht, die mir half, den Teufelskreis zu durchbrechen.
Die langfristige Heilung: Der Unterschied zwischen Panikattacke und Panikstörung
Heute habe ich das, was ich eine „Angsttendenz“ nenne, aber die Panikstörung belastet mich nicht mehr. Es ist okay, dass ich ein Mensch bin, der anfällig für Angst ist. Jeder hat sein eigenes Päckchen zu tragen, und das ist meins. Aber es kontrolliert mich nicht mehr.
Der Einfluss von Druck und Perfektionismus: Meine persönliche Herausforderung
Warum ich überhaupt so anfällig für Panikattacken wurde? Ich bin ein Mensch, der sich selbst ständig unter Druck setzt. Mein Vater war Unternehmer, und ich wurde es auch – obwohl ich es nie wollte. Der Druck, etwas leisten zu müssen, hat mich oft überfordert. Dieser Perfektionismus war eine große Herausforderung, und das zu erkennen, war der erste Schritt zur Besserung.
Die Bedeutung von Akzeptanz: Der wichtigste Schlüssel
Am Ende war es die Akzeptanz, die mir half. Die Akzeptanz, dass ich so bin, wie ich bin. Es gibt diesen Spruch: „Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann; den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann; und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Das fasst es gut zusammen.
Die innere Kind-Thematik: Sich selbst besser verstehen
Ich habe auch gelernt, dass es tiefere Gründe für meine Ängste gibt – Dinge aus meiner Kindheit, die ich nie richtig verarbeitet habe. Mein inneres Kind war noch nicht erwachsen geworden und hielt mich in manchen Belangen zurück. Als ich das erkannte, konnte ich besser verstehen, warum ich so bin, wie ich bin.
Was du daraus mitnehmen kannst
Wenn du selbst mit Panikattacken oder einer Panikstörung kämpfst, hoffe ich, dass meine Geschichte dir Mut macht. Es ist okay, so zu sein, wie du bist. Akzeptanz ist der Schlüssel. Aber genauso wichtig ist es, sich selbst besser zu verstehen und zu lernen, was einen aus der Balance bringt. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, aber du bist nicht alleine. Es gibt immer einen Weg, und der beginnt mit dem ersten Schritt – die Angst zu akzeptieren, anstatt gegen sie zu kämpfen.